Der Unterwasserpanther ist eines der mächtigsten Unterweltwesen in der Mythologie nordamerikanischer Indianer, besonders der Algonkin-Völker im Gebiet der Großen Seen. In der Ojibwa-Sprache wird dieses Wesen Mishipeshu genannt, was übersetzt „Großer Luchs“ heißt. Der Unterwasserpanther ist ein Mischwesen und vereinigt in sich die Merkmale verschiedener Tiere. Er hat den Kopf einer riesigen Wildkatze, häufig eines Pumas oder Luchses, und das Geweih bzw. die Hörner von Hirsch oder Bison. Sein Körper ist mit Schuppen oder manchmal auch Federn bedeckt. Der Rücken und sein ungewöhnlich langer Schwanz sind mit dolchartigen Stacheln bewehrt.
„Der Unterwasserpanther“ weiterlesenDie Welt und das Wir oder: Impressionen über das Erzählen
„Alles, was die Menschheit getan, gedacht, erlangt hat oder gewesen ist: es liegt wie in zauberartiger Erhaltung in den Blättern der Bücher aufbewahrt“, schrieb der schottische Philosoph, Essayist und Historiker Thomas Carlyle (1795-1881) im Jahr 1841. Seit jeher sind es Geschichten, Erzählungen und Mythen gewesen, welche die drei elementarsten Fragen überhaupt gestellt oder zu beantworten versucht haben: Wer waren wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir? Fragen, die auf den ersten Blick einfach erscheinen. Trotzdem gibt es darauf bis heute keine Antworten, die rundum befriedigen könnten, sind diese Antworten doch sowohl vom fachlichen Hintergrund (sei es nun Biologie, Geschichte, Sprachwissenschaft, Theologie, Philosophie, Physik etc.) desjenigen abhängig, der sich mit ihnen auseinandersetzt als auch von den jeweiligen Eigenerfahrungen des Schreibers. D.h. die Sicht auf das, „was die Welt im Innersten zusammenhält“ wie es Johann Wolfgang Goethe so wunderbar im ersten Teil des Faust formulierte, das „Waren“, das „Sind“ und das „Wohin“ also, ob nun mündlich überliefert oder als Buch verfasst, vermittelt und hinterlassen, kann nie nur objektiv sein, sondern besitzt stets auch einen subjektiven Part.
„Die Welt und das Wir oder: Impressionen über das Erzählen“ weiterlesenZwischen Angst und Hoffnung: Der künstliche Mensch in Mythos und Science-Fiction
Stellen Sie sich vor: Ihr Wissen, Ihre Gedanken, Ihre Meinungen und Ansichten, Ihre Träume und Vorstellungen, ja sogar Ihre Gefühle – also alles, was Sie sind und was Sie ausmacht, wäre auf einer Disc gespeichert, die kaum größer ist als die Speicherkarte einer Digitalkamera. Ein Stick für das Backup Ihres Selbst. Sie könnten den Körper wechseln, wann und wie Sie es wollten. Nie wieder Krankheiten. Nie wieder gebrochene Knochen. Nie wieder Angst vor dem Tod. Sie wären unsterblich. Geht nicht, sagen Sie? Doch, sage ich. Die Serie „Altered Carbon“ (Netflix, 2018), basierend auf dem gleichnamigen Roman von Richard Morgan, stellt „das Unsterblichkeitsprogramm“ in der dystopischen Welt des 24. Jahrhunderts vor und outet sich dabei als ein Hybrid aus Blade Runner und Ghost in the Shell. Im Mittelpunkt stehen dabei die sogenannten „Meths“ (in Anspielung auf Methusalem, den Großvater Noahs, der dem Alten Testament zufolge 969 Jahre alt geworden sein soll). Durch den Kauf von Körpern oder mit Hilfe von Klonen verlängern sie ihr Dasein über Jahrhunderte hinweg. Doch das ewige Leben hat sie skrupellos gemacht, vergnügungssüchtig und abgestumpft gegenüber dem Leben. Den Meths gegenüber stehen all jene Menschen, die sich entweder keine oder nur standardisierte neue „Körper“ leisten können. Manche müssen mit dem Vorlieb nehmen, was sie bekommen. Andere lehnen einen neuen Leib aus religiösen Gründen ab und verbringen die Ewigkeit gefangen in immer wiederkehrenden Träumen oder in einer holografisch erzeugten Welt. „Altered Carbon“ ist Science-Fiction. Krimi. Und ein Stück weit Philosophie. Was ist der Mensch? Was ist Seele? Was ist Körper? Und was davon ist wichtiger? Sind wir tatsächlich die Schöpfer einer unendlichen Existenz oder durch die Unsterblichkeitssticks am Ende selbst zu Geschöpfen in endlichen und künstlichen Hüllen geworden?
„Zwischen Angst und Hoffnung: Der künstliche Mensch in Mythos und Science-Fiction“ weiterlesen
„This is your universe, Frankenstein!“ – Theater mit Geschöpf und Schöpfer
Wir haben den Roman vorgestellt. Wir haben Mensch und Monster untersucht. Nun begeben wir uns anlässlich des Frankenstein-Jahres 2018 ins Londoner Royal National Theatre.
Theater mit Geschöpf und Schöpfer
Stille. Dunkelheit. Plötzlich zerreißen Blitz und Donnerschlag das angespannte Nichts.
Eine Apparatur mit einer Art Kokon, darin ein großer Fötus. Erneutes Wetterleuchten, erneuter Donner. Der Fötus bewegt sich. Ein Unwetter wütet. Der Blitz schlägt in die Apparatur des Grauens ein und bringt schließlich das Herz des übergroßen Ungeborenen zum Schlagen. Die Membran reißt. Der Vogel kämpft sich aus dem Ei, sprich, das Wesen ohne Namen sich auf die Welt. Der Zuschauer wird zum Zeugen einer Geburt. Es ist auch hier eine schmerzhafte Geburt, mit Blut, Schleim und Schrei. Da liegt es, das Neugeborene. Gleich einem Säugling schreit es, strampelt, erschrickt vor grellem Licht und lauten Geräuschen. Es windet sich, kriecht, kommt schließlich auf die Beine und läuft ungelenk umher. Frankensteins Kreatur. Der Wissenschaftler hatte in nächtelanger, geheimer Forschungsarbeit aus Leichenteilen einen neuen Körper zusammengesetzt und dann vorübergehend sein Labor verlassen. Als er nach einiger Zeit zurückkehrt und „seine“ zum Leben erwachte Kreatur vorfindet, erschrickt er bis ins Mark. Was er so lange ersehnte, nämlich tote Materie zum Leben erwecken zu können, ist ihm letztendlich gelungen. Doch welch grauenvollen Anblick bietet dieses Wesen! Voller Narben, Rotz und Schmutz, guttural lallend und stammelnd, denn noch hat ihm niemand das Sprechen gelehrt. Frankenstein flieht voller Abscheu, nicht ohne sein Werk zu verdammen: „What have I done?“
„„This is your universe, Frankenstein!“ – Theater mit Geschöpf und Schöpfer“ weiterlesenFrankenstein im Pfingstgeflüster
Mit unserem Beitrag zum Wave Gotik Treffen 2018 wollten wir die Thematik des Frankenstein und seiner Schöpfung einem breiten Publikum auf unterhaltsame Art und Weise näherbringen, was uns auch gelungen ist. Ein volles Haus und interessierte Zuhörer haben uns bestätigt, wie aktuell dieser Roman und seine Grundidee ist.
Umso mehr freute es uns, als mich Marcus Rietzsch, der Herausgeber des Pfingstgeflüster, auf Facebook kontaktierte und anfragte, ob wir nicht Lust hätten, einen Vortragsbeitrag beizusteuern. Das Pfingstgeflüster, ein Bild-Text-Band, der jährlich im Zuge des Wave Gotik Treffens in der Edition Subkultur erscheint, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Impressionen des einzigartigen Musik- und Kulturfestivals festzuhalten und diese in hochwertigem Design zu verewigen. Es bietet Einblicke in Lesungen, musikalische Highlights, Kunstausstellungen und natürlich dem Herz des Leipziger Festivals – die Besucher. Für alle, die diesmal nicht dabei sein konnten, die ein literarisches, zusammenfassendes Erinnerungsstück mitnehmen oder sich Einblicke in Veranstaltungen holen wollen, zu denen sie es leider nicht geschafft haben.
„Frankenstein im Pfingstgeflüster“ weiterlesenDer wahnsinnige Wissenschaftler und das Scheusal: Zweihundert Jahre „Frankenstein“
Zwei Gestalten der populären Imagination sind 2018 zweihundert Jahre alt geworden: Frankenstein und sein Monster. Jeder kennt sie, weil jeder mindestens einen Film über sie gesehen hat, und Boris Karloff als Monster in der Verfilmung von 1931 ist geradezu eine Ikone geworden. Immer wieder variieren Drehbuchautor und Regisseure die Geschichte vom besessenen Wissenschaftler, der aus Leichenteilen einen Menschen zusammenbaut, ihn belebt – meist per Galvanismus – und dann vor seiner monströs geratenen Schöpfung Reißaus nimmt und damit eine Kette katastrophaler Ereignisse in Gang setzt. All diese Versionen gehen letztlich auf einen Roman zurück, der 1818 – zunächst anonym – in London erschien: „Frankenstein oder Der moderne Prometheus“ von Mary Wollstonecraft Shelley. Seine Vielschichtigkeit erreichen sie allerdings selten oder vielleicht nie. Denn um puren Horror geht es darin nicht, auch wenn die Grundidee tatsächlich eine Gruselgeschichte war: Mitte Juni 1816 saßen die englischen Dichter Lord Byron und Percy Bysshe Shelley, Shelleys damals 18jährige Lebensgefährtin und spätere Ehefrau Mary und Byrons Leibarzt und Reisebegleiter John William Polidori in einer Villa am Genfer See, während es tagelang in Strömen regnete. Die Protagonisten der literarischen Romantik unterhielten sich über neueste naturwissenschaftliche Experimente, über die Möglichkeit, künstliches Leben zu schaffen, lasen einander Gespenstergeschichten vor, die aus dem Deutschen ins Französische übersetzt worden waren, und beschlossen dann, selber welche zu erfinden. Bloß Mary wollte lange keine einfallen. Aber dann hatte sie einen Alptraum und ihre Geschichte – und in den folgenden beiden Jahren machte sie ihren ersten Roman daraus.
„Der wahnsinnige Wissenschaftler und das Scheusal: Zweihundert Jahre „Frankenstein““ weiterlesen