Vom Aufstieg der Raum- und Zeitmaschinen – Wie Jules Verne und H. G. Wells das Netz und die Beschleunigung erträumten – Teil 1

Die Netze des Jules Verne

Globalisierung im Sinne einer immer wachsenden Vernetzung von Vorgängen auf der Erde hat eine lange Vorgeschichte und auch ihre Geschichte ist schon einige Jahrhunderte alt. Wenn ich aber gefragt würde, wer als ihr erster Autor zu bezeichnen wäre, so würde ich einen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts nennen, nämlich Jules Verne. Es gibt kaum ein Gebiet auf diesem Planeten, der nicht von seinen Figuren und Phantasien berührt worden wäre – ob es der Amazonas ist oder Sibirien, Litauen oder der Südpol, Afrika, China oder die Tiefsee und das Innere der Erde selbst. Auch wenn er mit Reisen ins Weltall aufwarten konnte, so geht es doch vorrangig um unseren Planeten. Räumlich gesehen ist Jules Verne also panirdisch breit aufgestellt. Fragen wir nach den Zeiträumen, in denen seine Geschichten spielen, so engen sie sich doch zumeist auf das 19. Jahrhundert ein. Die größte Ausnahme ist der Journalist, der aus dem Jahre 2889 berichtet. Mithin müssen wir ihn wohl eher als räumlichen, denn als zeitlichen Globalisierer betrachten. Er versucht nicht, historische Romane zu schreiben, und auch seine Science Fiction greift nicht weit voraus in die Zukunft. Dennoch lassen sich Zeit und Raum bei ihm nicht trennen. Am deutlichsten wird dies in einem seiner Klassiker, Reise um die Welt in 80 Tagen. Es handelt sich zwar um eine Reise durch den geographischen Raum, aber deren eigentliches Thema ist die Zeit. Die in einem Londoner Club abgeschlossene Wette legt ein zeitliches und finanzielles Netz über das Unternehmen, die Welt in höchstens achtzig Tagen zu umfahren.[1] Während etwa in Reise zum Mittelpunkt der Erde das Ziel ist, das Innere der Erde zu erforschen, während Kapitän Nemo in seinem ozeanischen Aquarium eine politische Agenda verfolgt (oder einst verfolgte), ist hier einzig das Ziel, eine Wette zu gewinnen, nämlich einen Rekord aufzustellen. Und wenn die Zeit geschlagen wird, kommt es zu einer Hoch-Zeit. Diese trägt allerdings selbst mit zum Gewinn der Wette bei.

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Der Traum vom Raum. Warum sich Milliardäre in den Himmel schießen lassen

Am 11. Mai 2021 gab es ein großes Hallo auf Erden. Der britische Milliardär Richard Branson ließ sich als erste Privatperson mit eigenem Flieger in den Weltraum schießen. Sein Konkurrent, der Chef von Amazon, Jeff Bezos, brauchte noch einige Tage, dann war auch er oben. Beide waren stolz, sich Kindheitsträume erfüllt zu haben, die sie wahrscheinlich aus dem Fernsehen und aus Büchern genährt hatten. Vermutlich war Jules Verne einer dieser Traum-Paten, denn seine Reise zum Mond hatte schon Hermann Oberth und Wernher von Braun angestachelt, Raketen zu bauen. Kindheitstraum ist auch Menschheitstraum, wenn man den Mythen folgt. Man denke etwa an Ikarus oder an Phaeton oder an all die Feuerwagen im Himmel, die sich in der hinduistischen Mythologie oder in der Bibel finden. Es waren Griechen wie Lukian aus Samosata im 2. Jahrhundert, die schon satirische Geschichten über die Bewohner anderer Planeten machten. Seit dem 17. Jahrhundert aber boomt die Literatur, in der Menschen die Erde verlassen – von Kepler und Godwin bis hin zu Defoe und Cyrano de Bergerac. All das sind mehr oder weniger bewusste Vorbilder, die die Träume der Technik nähren.

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Der MYTHO-Blog liest extra 2.0 – Zeitmaschinen und Expeditionen

H. G. Wells: Die Zeitmaschine

„Über seinen Verbleib gibt es nur Mutmaßungen. Wird er jemals wiederkehren? Vielleicht hat er sich in die Vergangenheit zurückgeschwungen und ist unter die blutrünstigen Wilden der frühen Steinzeit geraten, in die Tiefen des Kreidemeeres oder unter die grotesken Saurier, diese Reptilienungeheuer der Jurazeit. […] Oder er ist in die Zukunft gereist, in eines der nächsten Jahrhunderte, in dem die Menschen noch Menschen sind, die Antwort auf die Rätsel unseres Zeitalters aber bereits gefunden und ihre schwerwiegenden Probleme schon gelöst haben? Eventuell sogar in das Mannesalter des Menschengeschlechtes? Denn ich, für meinen Teil, kann mir nicht vorstellen, daß unsere Zeit, diese Zeit unsicheren Experimentierens, fragmentarischer Theorien und allgemeiner Zwietracht, tatsächlich der Höhepunkt menschlicher Entwicklung sein soll!“ (Die Zeitmaschine, dtv: 2015)

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Dazwischen?

Vor wenigen Tagen wurde Kroatien von einem Erdbeben mittlerer Stärke erschüttert. Die Ausläufer dieser Plattenbewegungen waren noch in den anderen Staaten des ehemaligen Jugoslawiens zu spüren. Auch in den Höhlen von Pazin geriet das weit verzweigte unterirdische Wassersystem in Unordnung, spülte Unmengen von Artefakten an, Helme, Puppen, Knochen, Flaschen, blaue Plastikteile, die von Antipersonenminen aus den Kriegen der Neunziger Jahre stammten, alte aufgeweichte Soldbücher, Gasmasken sogar aus den ersten beiden großen Kriegen des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Karsthöhle von Pazin, die am Rande einer gewaltigen Schlucht liegt, wurde zwar immer wieder erforscht, Taucher drangen weit vor oder verschwanden, aber es ist nicht genau geklärt, bis wohin sich diese Seen, die teilweise über- beziehungsweise untereinander liegen, und die sie verbindenden Höhlensysteme erstrecken.

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