Ordnung, Opfer und Unsterblichkeit: Ein Rundgang durch das Ägyptische Museum in Leipzig

Unsere Oktober-Exkursion führte das Team vom MYTHO-Blog ins Ägyptische Museum der Universität Leipzig, genauer genommen in die Sammlung des in Dessau geborenen Ägyptologen Georg Steindorff (1861-1951), der auf seinem Fachgebiet nicht nur als einer der führenden Gelehrten seiner Zeit galt, sondern in den Jahren 1923/24 auch das Amt des Universitätsrektors innehatte. Die umfangreichen Ausstellungsstücke, welche der Besucher auf drei Etagen in den ehemaligen Bankräumen des Leipziger Krochhochhauses bestaunen kann, stammen aus Ausgrabungen in und um Gizeh, Aniba (südlich von Assuan) und Qau el-Kebir (Mittelägypten). Ein Großteil der Sammlung umfasst dabei Kleinkunst des Grab- und Hausgebrauchs vom Alten Reich bis in die Ptolemäerzeit. Zunächst Teil der privaten Gelehrtensammlung, verkaufte Steindorff eine Vielzahl der Objekte 1936 an die Universität, ehe er aufgrund seiner jüdischen Herkunft dauerhaft in die USA emigrierte.

Auf der Führung durch die Sammlung hatten wir nicht nur das Gefühl in eine für uns fremd und doch erstaunlich nahbar wirkende Zeit und Kultur einzutauchen, sondern wir erfuhren auch so manch Bekanntes, aber auch Neues. Ein spannender Rundgang, den wir angesichts der aktuellen Corona-Restriktionen, gern mit unseren Leserinnen und Lesern teilen möchten.

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Kosmologie und Literatur I: Von Dante zur Science Fiction

Die Ornamente auf der Tapete nimmt man oft erst zur Kenntnis, wenn man krank im Bett liegt. Meist sind wir im Bild, bewegen uns mit den Protagonisten, identifizieren uns, leiden und freuen uns mit ihnen. Sobald wir jedoch in eine Krise geraten, greift diese auf das Bild über. Wir verlassen den Inhalt des Bildes mit seinen bunten Ablenkungen und beginnen uns auf den Rahmen zu konzentrieren. Was stimmt da nicht mehr? Wie verhält sich das Bild als Ganzes zum Rest der Wand oder der Welt? Dann fragen wir uns, wie Gauguin 1897 in seinem berühmten Gemälde: „Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir?“ Wir geben uns nicht mehr zufrieden mit dem Leben auf der Insel, wir wollen wissen, wie diese Insel eingebettet liegt in größere Archipele, Kontinente, Galaxien – mit anderen Worten, in größeren Fragen. Neben die Frage nach dem Sinn unseres kleinen Lebens tritt die Frage nach dem Sinn allen Lebens. Sich mit Science Fiction zu beschäftigen, ist nicht die schlechteste Art, dieser Frage nachzugehen; in jedem Fall hat uns diese Form der Literatur einen Kosmos eröffnet, in dem unsere Stellung höchst befragenswert geworden ist. Sind wir allein? Wenn es einen Erlöser gab, hat er für die gesamte Galaxie gewirkt? Wo stehen wir mit unserer Evolution, über die ein amerikanischer Physiologe so treffend gesagt hat: „Der Planet Erde hat 4,5 Milliarden Jahre gebraucht, um zu entdecken, dass er 4,5 Milliarden Jahre alt ist.“ (George Wald)

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Carnival Row, Tir na nÓg und das keltische ‚Jenseits‘: Eine Reise durch den Mythos und das Land der Feen

Die Serie Carnival Row auf Amazon Prime zeigt eine Realität, in der sich die Bewohner von Märchen und Folklore mit der menschlichen Welt überschneiden, aber nicht in der Art und Weise, wie wir es aus Volksmärchen gewohnt sind. Die Serie schafft eine Realität, in der die Wesen der Märchen mit der industriellen Revolution kollidieren und hieraus als Verlierer hervorgehen. In Tir na nÓg wurde ein Krieg gekämpft und verloren. Die Magie wurde von der Technologie überwältigt oder durch Wissenschaft verzerrt, und die Zauberwesen unserer Volkserzählungen waren gezwungen, aus ihrer Heimat zu fliehen und als Flüchtlinge in den menschlichen Ländern ihrer Verbündeten zu leben. Alle möglichen Feenwesen, Kobolde, Satyrn, Werwölfe, Hexen, um nur einige zu nennen, sind nun dem Leben der armen Arbeiterklasse einer Stadt ausgesetzt, die dem London des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts unheimlich ähnelt ist. Sie leben in einem unruhigen Frieden mit den Menschen, die ihre Stadt nur ungern teilen. Die feenhaften Flüchtlinge, die von den Menschen oft als „Kritiker“ bezeichnet werden, leben in den Slums der Stadt, wo sie sich als Straßenverkäufer, Prostituierte oder Dienstboten durchschlagen. Sie werden mit Verachtung, Misstrauen und Angst betrachtet. In der Zwischenzeit ist ihr Heimatland Tir na nÓg durch den Pakt schrecklichen Grausamkeiten ausgesetzt.

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„Leicht ist der Abstieg zur Unterwelt“ – Eine mythische Reise unter Tage

Der Begriff „Unterwelt“ weckt in uns verschiedenste Assoziationen. Manch einer verbindet damit etwas Düsteres, Kriminelles; eine Parallelwelt, in der Menschen leben und wirken, die sich einen eigenen Raum fernab gängiger Normen und Gesetze geschaffen haben. Für andere bedeutet „Unterwelt“ ein Ort unter Tage, fernab vom Licht, bedrückt von Enge und Mangel an frischer Luft, wie es über Jahrhunderte lang im Kohle- und Erzbergbau der Fall gewesen ist. Die „Unterwelt“ ist also eine räumliche Abgrenzung von der Welt, die wir kennen, die den Besucher mit besonderen Begebenheiten und Ansprüchen konfrontiert. In kultureller und mythischer Deutung ist sie auch die Welt, in der die Seelen der Verstorbenen nach dem Tod einziehen und leben, ein Reich, das für den Sterblichen verschlossen bleibt. Sie ist eine Vorstellung, ein Konstrukt, das wir uns in Geschichten und Legenden imaginieren und bevölkern. Vielleicht, um uns dadurch unsere Angst vor dem Dunkeln (und die Unterwelt wird mit Dunkelheit per se in Verbindung gebracht), dem Unbekannten, dem Unterbewussten in uns selbst und in unserer Umwelt einen Ausdruck zu verleihen. Vielleicht auch, um uns das Wissen um den Tod, der letzten Schwelle zum Unbekannten, die uns allen vorherbestimmt ist, erträglicher zu machen. Der Begründer der analytischen Psychologie, Carl Gustav Jung (1875-1961), hat die „Unterwelt“ mit den sogenannten Mutterarchetypen in Zusammenhang gebracht; das Gebärende, Fruchtspendende und Leben bringende einerseits, schließt andererseits das Geheime, das Finstere, Todbringende und Abgründige wie in einem Kreislauf mit ein. Oder, wie es die Alchemisten, ausgehend von ihrer mythischen Schrift, der Smaragdtafel des Hermes Trismegistos, auszudrücken wussten: Das Oberen ist das Untere. Das eine existiert nicht ohne das andere. Das passt in die dualistische Vorstellung, die dem Menschen zu eigen ist, man denke da an Gut und Böse, Groß und Klein, Laut und Leise, Himmel und Hölle, Schwarz und Weiß etc. Und so muss es – fast zwangsläufig – neben der Oberwelt auch einen Ort jenseits davon geben.

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