Die Rose am Rad der Fortuna – Über Lieder, Schicksal und die Zeitlosigkeit von Worten: Eine Impression aus Benediktbeuern

„O Fortuna, velud luna
statu variabilis,
semper crecis aut decrecis,
vita detestabilis!
nunc obdurat et tunc curat
ludo mentis aciem,
egestatem, potestatem
dissolvet ut glaciem.“


O Fortuna, veränderlich wie die Phasen des Mondes, nimmst du immer zu oder ab, verabscheuungswürdig in deinem Wandel!
Jetzt lähmt sie, dann beflügelt sie wieder,
ganz nach Laune, den Schwung des Geistes, läßt bittere Armut und Herrschergewalt schwinden wie Eis.

(Carmina Burana, 17)

Ein Wechsel von Regen und Sonnenschein begleitet mich auf der Reise gen Süden, als wollte mich das Wetter, das sich seit jeher dem menschlichen Zutun zu entziehen versteht, auf das Wochenende einstimmen. Eine schwer in Worte zu fassende Ruhe liegt in der Septemberluft, die nach Wiesen, Weite und Land duftet. In der Ferne künden Blitze, die sich in den Wolken verfangen zu haben scheinen und meinen Weg durch die Dämmerung begleiten, von spätsommerlichen Gewittern. Es ist ein magischer Moment, einer von denen, die allzu leicht ins Vergessen gleiten, sobald man von hohen Häusern umschlossen ist und die dann allenfalls noch in der Vorstellung existieren. Ich bin in Benediktbeuern etwa eine Stunde Fahrzeit von München entfernt; die Zeit hier draußen scheint anders zu laufen, nicht langsamer, aber gelassener, als sei sie sich ihrer eigenen Vergänglichkeit und vor allem ihrer Geschichte bewusst.

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Masken, Geister und Vitrinen oder: Wie man die Welt bereist, ohne 80 Tage zu brauchen – Impression eines Rundgangs

Es ist nicht ganz einfach, gegen das Glas anzufotografieren, das die ihm anvertrauten Schätze vor Berührungen schützt. Im Zusammenspiel mit seinem Verbündeten Licht hat es die Kamera oft schwer, den richtigen Blickwinkel zu finden und die Bilder jenseits der Barriere einzufangen, Bilder, die es auf diese Weise künftig wohl nicht mehr im Grassi Museum für Völkerkunde Leipzig geben wird. Zumindest in der bisher präsentierten Weise, denn das Museum befindet sich in der Umgestaltung, und wie es immer so ist mit dem, was man kennt und was einem vertraut ist, schwingt auf dem Rundgang, den ich dankenswerterweise noch einmal antreten darf, auch eine Portion Wehmut mit. Es ist, als würde sich auf der Reise von Raum zu Raum nicht nur die gefühlte Tageszeit ändern, sondern als sei man auch der eigentlichen Welt entrückt. Auf metaphorischen Sieben-Meilen-Stiefeln geht man als Beobachter auf Zeitreise um die Welt, allerdings ohne dafür die von Jules Vernes veranschlagten 80 Tage zu brauchen. Man ist in einer Art Schwebezustand, einem Dazwischen, das doch kein Dazwischen ist, oder, wie es der Schriftsteller Clemens Meyer auf den Punkt gebracht hat: „Es gibt kein Dazwischen. Es gibt nur ein Jetzt.“ Seien Sie herzlich eingeladen zum Rundgang.

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