Höllische Venus, paradiesische Erde, wandelbarer Mars. Dantes Jenseitsreiche im Spiegel der vergleichenden Planetologie

Das diesjährige, grosse Dante-Jubiläum – 700 Jahre sind seit dem Tod des Dichters vergangen – fällt in eine sehr turbulente, fast möchte man sagen: „danteske“ Zeit. Viele Errungenschaften der europäischen Aufklärung sind derzeit in Frage gestellt oder schon verloren gegangen; von einem „Rückfall ins Mittelalter“ ist gar die Rede. Das könnte man so sehen, wenn man an die Glaubenskämpfe rund um „Gesundheit“, „Sicherheit“ und „Freiheit“ denkt, wo sich die Menschen scheinbar zwischen einem „ewigem Lockdown“ (Hölle) und einem „ewigem Immunschutz“ durch Impfung (Paradies) zu entscheiden haben. Sollten wir uns da nicht eher auf unsere Vernunftphilosophen besinnen, statt auf einen mittelalterlichen Dichter, der Himmel und Hölle besingt? Einverstanden – nur: Dante ist auch ein Vernunftphilosoph, wenn man unter Vernunft, um F. von Weizsäcker zu folgen, die „Wahrnehmung des Ganzen“ versteht. Diese Vernunft, nicht zu verwechseln mit blosser Ratio und Wissenschaftlichkeit, scheint uns gründlich abhanden gekommen zu sein. Wenn es um „das Ganze“ geht, hat uns Dante einiges zu sagen.

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Der Traum vom Raum. Warum sich Milliardäre in den Himmel schießen lassen

Am 11. Mai 2021 gab es ein großes Hallo auf Erden. Der britische Milliardär Richard Branson ließ sich als erste Privatperson mit eigenem Flieger in den Weltraum schießen. Sein Konkurrent, der Chef von Amazon, Jeff Bezos, brauchte noch einige Tage, dann war auch er oben. Beide waren stolz, sich Kindheitsträume erfüllt zu haben, die sie wahrscheinlich aus dem Fernsehen und aus Büchern genährt hatten. Vermutlich war Jules Verne einer dieser Traum-Paten, denn seine Reise zum Mond hatte schon Hermann Oberth und Wernher von Braun angestachelt, Raketen zu bauen. Kindheitstraum ist auch Menschheitstraum, wenn man den Mythen folgt. Man denke etwa an Ikarus oder an Phaeton oder an all die Feuerwagen im Himmel, die sich in der hinduistischen Mythologie oder in der Bibel finden. Es waren Griechen wie Lukian aus Samosata im 2. Jahrhundert, die schon satirische Geschichten über die Bewohner anderer Planeten machten. Seit dem 17. Jahrhundert aber boomt die Literatur, in der Menschen die Erde verlassen – von Kepler und Godwin bis hin zu Defoe und Cyrano de Bergerac. All das sind mehr oder weniger bewusste Vorbilder, die die Träume der Technik nähren.

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Der MYTHO-Blog liest extra 2.0 – Zeitmaschinen und Expeditionen

H. G. Wells: Die Zeitmaschine

„Über seinen Verbleib gibt es nur Mutmaßungen. Wird er jemals wiederkehren? Vielleicht hat er sich in die Vergangenheit zurückgeschwungen und ist unter die blutrünstigen Wilden der frühen Steinzeit geraten, in die Tiefen des Kreidemeeres oder unter die grotesken Saurier, diese Reptilienungeheuer der Jurazeit. […] Oder er ist in die Zukunft gereist, in eines der nächsten Jahrhunderte, in dem die Menschen noch Menschen sind, die Antwort auf die Rätsel unseres Zeitalters aber bereits gefunden und ihre schwerwiegenden Probleme schon gelöst haben? Eventuell sogar in das Mannesalter des Menschengeschlechtes? Denn ich, für meinen Teil, kann mir nicht vorstellen, daß unsere Zeit, diese Zeit unsicheren Experimentierens, fragmentarischer Theorien und allgemeiner Zwietracht, tatsächlich der Höhepunkt menschlicher Entwicklung sein soll!“ (Die Zeitmaschine, dtv: 2015)

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Vergessene Götter: Anu, „der allerfernste der Götter im weiten Himmel“

„Als die Götter Mensch waren, trugen sie die Mühsal, schleppten sie den Tragkorb. Der Tragkorb der Götter war groß, die Mühsal schwer, übermäßig war die Drangsal. Die großen Anunnaku ließen siebenfach die Igigu die Mühsal tragen. Anu, ihr Vater, war der König; ihr Ratgeber der Held Enlil. Ihr Thronträger war Ninurta, ihr Kanalinspektor Ennugi. Sie fassten die (Los-)Flasche an ihrer ‚Wange‘, warfen das Los, woraufhin die Götter teilten: Anu stieg (sodann) zum Himmel empor, Enlil nahm sich die Erde für seine Untertanen. Die Riegel und die Schlingen des Meeres wurden dem weitsichtigen Enki hingelegt. Diejenigen des Anum stiegen zum Himmel empor, diejenigen des (Grundwassers) Apsu stiegen endgültig hinab. Es waren müßig diejenigen des Himmels, die Mühsal ließen sie tragen die Igigu. Die Götter begannen, Flüsse zu graben – die Wasserläufe der Götter, das Leben für das Land.“ (Als die Götter Mensch waren, Die altorientalische Sintfluterzählung, S. 10)

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