Maria Magdalena – Heilige, Hure, Apostelin der Apostel

Sie stammte aus Magdala (hebräisch: Migdal), einer Stadt nahe des Sees Genezareth, war eine enge Vertraute von Jesus und ist eine biblische Figur, die ihresgleichen sucht. Neben anderen Frauen aus der Gefolgschaft Jesu blieb sie bei ihm bis zum Ende. Sie war eine der wichtigsten Zeugen der Auferstehung und trug die Botschaft zu den männlichen Jüngern. Die Rede ist von Maria Magdalena und ihre Geschichte ist vielschichtig, steinig und turbulent.

„Die heilige Maria Magdalena“
Lucas Cranach d. Ä.
1525

Als ich neulich die derzeitige Ausstellung „Maria Magdalena – Glaube & Mythos“ des Schloss Voigtsberg in Oelsnitz/Vogtland besuchte, war die Aktualität dieser ambivalenten Bibelfigur unübersehbar. Ausgangspunkt war hier das im Schloss dauerhaft ausgestellte Ölgemälde „Maria Magdalena mit dem Salbengefäß“ aus der Werkstatt Lucas Cranach des Älteren. Bedächtigkeit, ja Traurigkeit strahlt die Frau in Renaissance typischer Tracht aus, die man ohne das Attribut des Salbengefäßes wohl nicht als Maria Magdalena erkennen würde.

Ihr Attribut ist angelehnt an die vielen verschiedenen Charaktere, die sich in ihr vereinen. Beim Evangelisten Johannes ist sie zum einen die Schwester von Lazarus und Martha, in deren Haus Jesus kommt. Dort lauscht Maria seinen Lehren und wird seine Jüngerin, die ihm wenige Tage vor der Kreuzigung das Haupt salbt. Beim Evangelisten Markus wiederum treibt ihr Jesus sieben Dämonen aus und macht sie gesund, woraufhin Maria Magdalena sich seinen Jüngern anschließt.

Im Jahre 591 hielt Papst Gregor I. eine Predigt, in welcher Maria Magdalena mit der namenlosen Sünderin des Lukasevangeliums gleichgesetzt wurde. Dort wäscht sie Jesus unter Tränen die Füße und trocknet sie mit ihrem Haar, als er im Haus des Pharisäers Gast ist. Und obwohl Jesus die pikierten Blicke der anderen ignoriert und die gesellschaftliche Außenseiterin ohne Zögern in seinen Kreis aufnimmt, sollte diese Predigt das Bild der Maria Magdalena für lange Zeit prägen. „Sünderin“ wurde dabei mit „Prostitutierte“ gleichgesetzt. Den Inhalt des Salbgengefäßes, mit dem sie Jesus‘ Füße salbte, hatte sie zuvor zur Pflege ihres eigenen Körpsers benutzt. Mit der Salbung hatte Jesus sie von allen Sünden freigesprochen.

Dem negative Hauch, der Maria Magdalena ab einem gewissen Punkt der Geschichte umgibt, steht eine frühe Wertschätzung entgegen, auf welche sich auch die feministische Religionsforschung beruft. Im 3. Jahrhundert ernannte der frühchristliche Autor Hippolyt von Rom sie zur Apostola apostolorum („Apostelin der Apostel“), da sie diejenige war, der Jesus am Ostermorgen als Erste nach seiner Auferstehung erschien war und sie die Botschaft vom leeren Grab unter die Jünger brachte.

„Büßende Maria Magdalena“
Tizian
um 1533

Ins Rampenlicht des Mainstream rückte sie vor einigen Jahren durch Dan Browns Thriller „Sakrileg“ (2004), welcher die These anregt, Maria Magdalena sei die Gemahlin Jesu und Mutter seiner Kinder gewesen. Das Buch sowie die Verfilmung „The Da Vinci Code – Sakrileg“ (2006) sorgte für einen Aufschrei der katholischen Gemeinde weltweit.

Doch der Medienrummel führte dazu, dass man diese Persönlichkeit nicht länger ignorieren konnte, dass man ihr Aufmerksamkeit zollen musste. Auch in den oberen Rängen der katholischen Kirche. Schließlich wurde Maria Magdalena 2017 rehabilitiert, ihr Gedenktag am 22. Juli zum offiziellen Festtag ernannt und sie als Apostelin der Apostel zur wichtigsten Osterzeugin anerkannt.

Vieles wurde über Maria Magdalena geschrieben, ihre Figur interpretiert und reinterpretiert. In einer Verbindung aus Kunst und Medien schafft es Schloss Voigtsberg hervorragend, Fakten und Spekulationen, Geschichte und Geschichten kreativ zu verpacken und dem Besucher näher zu bringen. Da ich leider selbst erst sehr spät dazu kam, die Ausstellung zu besuchen und noch später, diesen Beitrag zu schreiben, bleibt allen Interessierten nur noch kurze Zeit, um sie wahrzunehmen. Bis zum 27. Oktober stehen die Türen von „Maria Magdalena – Glaube & Mythos“ noch offen, bevor sie der Weihnachtsausstellung weichen wird. Doch ich kann versichern, es lohnt sich!

Ein Beitrag von Pia Stöger

© Arbeitskreis für Vergleichende Mythologie e. V.

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