Happy Halloween: Über den Kürbis

Es gibt ihn als Frucht, als Öl oder zubereitet als Gemüse, Suppe und Kuchen. Er ist häufig im Garten anzutreffen und am bekanntesten in der Farbe Orange. Er kann ein Gesicht tragen – mal grinsend, mal schaurig. Manchmal glüht er auch von innen heraus. Ganz klar, er ist DAS Markenzeichen von Halloween: der Kürbis (lat. curcubita).

Ursprünglich war der Kürbis vor allem in Mittel- und Südamerika beheimatet. Es gibt ihn noch heute in unzähligen Sorten.  In Bolivien fand man Kürbissamen, die auf über 10.000 Jahre zurückdatiert werden konnten. (vgl. Lombardo u. a. In: Nature 08. April 2020) Zusammen mit Mais und Bohnen zählt der Kürbis zu einer alten Anbautradition, die sich Milpa oder „Die drei Schwestern“ nennt und noch heute von den Maya betrieben wird. Neben dem Kürbis zählen hierzu der Mais und die Bohne. Alle drei werden gemeinsam angebaut und bilden auf diese Weise eine Symbiose: Der Kürbis verhindert aufgrund seiner großen Blätter die Austrocknung und Erosion des Bodens, der Mais dient den Bohnen als Rankhilfe und die Bohnen wiederum versorgen den Mais mit Stickstoff. Das System dient nicht nur dazu, die Artenvielfalt zu erhalten, sondern stand und steht für die Maya auch in direktem Bezug zur Kosmologie – so wurden nach dem Schöpfungsmythos Popol Vuh die Menschen von den Göttern aus Maisbrei erschaffen.

Wirft man einen Blick auf die weltweiten Pflanzenmärchen, fällt auf, dass Geschichten über Bohnen und Kürbisse auch in Afrika, Asien und Europa vorkommen – hier spielt die Verbreitung des Flaschenkürbis (lat. lagenaria siceraria) eine Rolle. Durch Untersuchungen der DNA von Kürbissamen gelangte man zu dem Schluss, dass dieser ursprünglich aus Afrika stammte und durch die Meeresströmungen u. a. nach Mittel- und Südamerika, aber auch nach Asien gelangte. Die Keimfähigkeit der Samen kann bis zu einem Jahr erhalten bleiben. Früheste Verbreitungsgebiete waren demnach Mexiko, Japan und Peru (vgl. Kristler u.a. 2014; Hirst 2019)

Auch in Ägypten und von dort aus im Mittelmeerraum war der Flaschenkürbis heimisch. Der griechische Arzt und Schriftsteller Diokles erwähnt ihn im 4. Jh. v. Chr. Im 1. nachchristlichen Jahrhundert erwähnt ihn der römische Gelehrte Plinius der Ältere als Behältnis von Flüssigkeiten. Getrocknet und ausgehöhlt diente er auch als Ritualgegenstand zum Bannen von Geistern. Zudem spielte er noch heute als Instrument (Rassel, afrikanische Jägerharfe) eine Rolle. Und bis weit ins Mittelalter hinein wurde der Flaschenkürbis sogar als Gemüse angebaut.

Kürbissamen kamen auch in der Heilkunde ein wichtiger Stellenwert zu, so u.a. bei Prostatabeschwerden. Darüber hinaus wird Kürbisöl gern und häufig bei der Zubereitung von Speisen verwendet.

Seit dem 16. Jahrhundert werden Riesenkürbisse auch in Europa angebaut. Auch bei der Geschichte von Jack o’Lantern, der klassische Halloweengeschichte, spielt er Kürbis eine Rolle (es gibt mit dem Jacko’Lantern-Kürbis mittlerweile sogar eine eigene Sorte).

Der Trunkenbold Jack soll vom Teufel geholt werden, kann diesen aber zweimal überlisten und der Teufel muss ihm zudem schwören, dass Jack nie in die Hölle kommt. Als Jack schließlich stirbt und an der Himmelspforte klopft, bekommt er da aber keinen Einlass und man schickt ihn zur Hölle. Da aber steht er ebenso vor verschlossener Tür. Da es aber im Zwischenbereich von Himmel und Hölle sehr kalt, dunkel und windig ist, bekommt der Teufel Mitleid und schenkt Jack eine Stück Kohle aus dem Höllenfeuer. Jack steckt die Kohle in einen ausgehöhlten Kürbis (in einer Version der Geschichte ist es eine Rübe), den er als Wegzehrung bei sich trägt und wandelt seitdem mit seiner Laternen als verdammte Seele am Vorabend von Halloween durch das Dunkel.

Mit einem Kürbis und einen Licht kann es also gelingen, die Geister und den Teufel fernzuhalten. Klingt gruselig? Doch es geht noch gruseliger. Denn in einem Pflanzenmärchen aus Westafrika ist von einem gefräßigen Kürbis die Rede. Es handelt von einem kleinen Mädchen namens Furaira, das unbedingt einen kleinen Kürbis haben will. Ihre Mutter Watapansa lehnt zunächst ab, aber auf Drängen des Vaters, und weil die Kleine so verzweifelt weint und sich so sehnlichst den Kürbis wünscht, geht diese und holt den Kürbis. Mit ungeahnten Folgen, wie man in der Geschichte nachhören kann.

Seien Sie also ein wenig misstrauisch, wenn Ihnen ein Kürbis entgegengrinst.

Allen Leserinnen und Lesern Happy Halloween!

Das Team vom MYTHO-Blog

Das Märchen „Der gefrässige Kürbis“ finden Sie zum Nachlesen in: Pflanzenmärchen aus aller Welt. Ausgewählt und illustriert von Djamila Jaenike. 2. Aufl. Mutabor Verlag: Trachselwald 2020.

Wir danken dem Mutabor Verlag für die freundliche Genehmigung.


Literaturhinweise:

K. Kris Hirst: Domestication History of the Bottle Gourd (03 April 2019)

L. Kistler, A. Montenegro, B. D. Smith, J. A. Gifford, R. E. Green, L. A. Newsom, B. Shapiro: Transoceanic drift and the domestication of African bottle gourds in the Americas. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. 2014

Umberto Lombardo, José Iriarte, Lautaro Hilbert, Javier Ruiz-Pérez, José M. Capriles, Heinz Veit: Early Holocene crop cultivation and landscape modification in Amazonia. In: Nature. 2020.


© Arbeitskreis für Vergleichende Mythologie e. V.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .