Geschichten und kein Ende – Drei Jahre MYTHO-Blog

Liebe Leserinnen und Leser des MYTHO-Blogs,

der britische Religionswissenschaftler Robert A. Segal hat in seiner Publikation „Myth. A very short introduction“ (dt. Mythos. Eine kleine Einführung, Reclam) das Grundlegende der Mythologie wie folgt auf den Punkt gebracht: „Es scheint auf der Hand zu liegen, dass ein Mythos bei allem, was er sonst noch sein mag, vor allem auch eine Geschichte ist“. Und Geschichten fordern vor allem eines: Dass sie erzählt werden. Darum sind wir besonders froh und stolz, in unserem MYTHO-Blog seit nunmehr drei Jahren jeden Freitag von den Kulturen und Religionen der Welt zu berichten, aber auch ureigene Impressionen über Ausstellungen, Reisen, Philosophie, Geschichte, Ethnologie, Literatur und natürlich alte und moderne Mythen vorzustellen und mit Ihnen zu teilen.

Gerade in unserer heute so schnelllebigen Zeit der nimmermüden Datenströme und Optimierungsprozesse tut es Not, hin und wieder innezuhalten und den Blick über den sprichwörtlichen Tellerrand zu wagen, dabei vertrautem Unbekannten zu begegnen und auch eigene Grenzen des Denkens zu überschreiten. Um die „Symbolik von Wegen und Grenzen“ ging es denn auch in der Jahrestagung 2021 unseres Partnervereins „Symbolon – Gesellschaft für wissenschaftliche Symbolforschung e. V.“, der sich seit mittlerweile mehr als 60 Jahren der interdisziplinären Untersuchung von Symbolen und ihren Bedeutungen in Kulturen und Religionen, Gesellschaften und Literatur, Kunst und Mythen widmet. U. a. vom „wilden Denken“ war dort die Rede, jenem Begriff, den der Ethnologe Claude Lévi-Strauss (1908-2009) geprägt hat und der, ausgehend von kulturvergleichender Forschung, auf dem ganzheitlichen Denken und den mythischen Weltanschauungen der Naturvölker beruht. Der Autor und Dokumentarfilmer Rüdiger Sünner hat diesen Denkweisen, die unserer aufgeklärten und technisierten Welt auf den ersten Blick konträr gegenüberstehen, einen gleichnamigen Film sowie ein Buch gewidmet, die beide sehr zum Nachdenken anregen und dabei zeigen, dass vor allem dem Erzählen eine vereinende Kraft innewohnt, die Grenzen nicht als unüberwindliche Wälle auffasst, sondern als Übergänge, die zu entdecken sich lohnt. Reale Welten, imaginäre Welten also. Letzteren widmet sich der Arbeitskreis für Vergleichende Mythologie auch in seinem diesjährigen Jahresthema und beim 2. Leipziger Mythen-Tag. Auch hierbei gilt es, sich mit Grenzen auseinanderzusetzen. So reisen wir u. a. von den als sehr real gedachten Geistern des Alten Rom über die mythischen Wurzeln der Alchemie bis ins paradiesische Reich des fast schon märchenhaft-legendären Priesterkönigs Johannes, der beispielsweise in der Weltchronik des Bischofs Otto von Freising (um 1112-1158), einem der bedeutendsten Geschichtsschreiber des Mittelaltes, erwähnt wird.

Der MYTHO-Blog wird diese Reisen begleiten und, wie an jedem Freitag, viele weitere Themen vorstellen. Waren wir in unserem diesjährigen Blog-Special zudem ganz beim großen Poeten Dante unterwegs, haben wir uns 2022, ähnlich wie Goethes Faust, ganz der Magie ergeben, die auch in den Mythen eine bedeutende Rolle spielt, man denke hierbei an die griechische Göttin Hekate oder den Hrafnagaldr Óðins (Odins Rabenzauber) aus der Lieder-Edda. Viel zu erzählen also. Denn was wäre die Welt ohne ein wenig „wildes Denken“, vor allem aber ohne ihre Geschichten?

Wir danken allen Leserinnen und Lesern für das Interesse und die Treue. Auf ein weiteres spannendes Lesejahr.

Ihr Team vom MYTHO-Blog


Bild: Medea-Szene, Sarkophag, Altes Museum Berlin


© Arbeitskreis für Vergleichende Mythologie e. V.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .