Seit Fritz Lang mit seinem Stummfilmepos „Die Nibelungen“ aus dem Jahr 1924 einen Meilenstein deutscher Filmgeschichte begründete, findet das mittelalterliche Epos um Liebe, Leid und Tod des Helden Sigfried und der Burgunder auch in Fernsehen und Kino immer wieder einen Platz. Beispiele hierfür sind etwa der 2-Teiler von Harald Reindl von 1966 mit Karin Dor als Brunhild oder die TV-Verfilmung „Die Nibelungen“ von Uli Edel von 2004, welche den Sagenstoff mit Elementen von Richard Wagners Opernzyklus „Der Ring des Nibelungen“ verband. Eine sehr viel freiere Interpretation der Geschichte entwickelt die Persiflage „Siegfried“ (2005) mit dem Komiker Tom Gerhardt, in der der Held sich mehr oder minder erfolgreich durch eine Laufzeit von 89 Minuten trottelt und dabei von einem sprechenden Schwein begleitet wird. Noch bunter trieben es, im wahrsten Sinne des Wortes, die Darsteller in „Siegfried und das sagenhafte Liebesleben der Nibelungen“ (1970), wo nicht nur Muskelkraft beim Kampf mit dem Drachen gefragt ist, sondern anschließend auch die Potenz.
Im Jahr 2024 liegt der Fokus der (postmodernen) Nibelungen-Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert wieder mehr auf dem klassisch-epischen Erzählen. „Hagen – Im Tal der Nibelungen“ basiert zudem auf der literarischen Vorlage „Hagen von Tronje“ des Schriftstellers Wolfgang Hohlbein von 1986 und kombiniert geschickt Epos, Psychologie, Dramatik mit Schlachtgetümmel und epischen Bildern à la Game of Thrones, wiewohl der Film, was spritzendes Blut und Grausamkeit angeht, weit hinter der genannten Serie zurückbleibt. Sehr wohltuend, entfaltet sich dessen Stärke doch hauptsächlich in der Darstellung der Figuren, allen voran des Antagonisten Hagen, der hier eher ambivalent gezeichnet wird und nicht nur als klassischer Heldenmörder daherkommt.
Warum man sich den Film darüber hinaus unbedingt anschauen sollte, erläutern die Germanistin Isabel Bendt und die Historikerin Constance Timm im Gespräch.
© Arbeitskreis für Vergleichende Mythologie e. V.