Mythen der Macht – Macht der Mythen

Was ist er nun, der Mythos? Schon häufig hat der Arbeitskreis für Vergleichende Mythologie diese fast schon Frage aller Fragen aufgetan. Ohne eine befriedigende Antwort zu finden. Ein Mythos ist eine Erzählung, eine Vorstellung vom Anfang und vom Ende und vom Dazwischen der Welt. Göttinnen und Götter, zumindest aber überirdische Wesen wie zum Beispiel Fabeltiere und Helden, können darin vorkommen. Mythen erzählen von Verwandlungen in Tiere oder Pflanzen, von heiligen Bäumen oder Orten, denen eine besondere Macht innewohnt. Und sie berichten von den Menschen bzw. sie lesen sich zumeist gar als Berichte für den Menschen. Ein Mythos kann Verortung bedeuten, das skelettale Konstrukt einer Ordnung, die ständig vom Chaos bedroht wird oder gar aus diesem hervorgeht.

Die Bedeutung des Mythos wurde in der Religion gesucht, im Ritual, in der Philosophie, in der Literatur und auch in der Gesellschaft. Alles kann zum Mythos werden, je nachdem, auf welche Festlegung des Begriffs man sich verständigt. Denn ähnlich wie bei der Magie gilt auch für den Mythos (zumindest bislang), dass es keine allgemeingültige Definition für ihn gibt, die all seine Facetten eindeutig und unzweifelhaft wiedergibt. Mythen laden ein zum „Dahinter schauen“, zum Auseinandersetzen mit der Vergangenheit aber auch mit der Gegenwart. In ihnen spiegeln sich nicht nur die Transformationen wieder, sondern auch die Brüche. Der Mythos ist also ambivalent. So ambivalent wie jene, die ihn erzählt haben und erzählen. Wobei es ist nicht einmal korrekt ist, vom MYTHOS im Singular zu sprechen, es sei denn man versteht darunter einen MYTHOS, der aus vielen Mythen besteht anzunehmen. Also schlussendlich alles eine Frage der Perspektive. Alles Antwort und Frage zugleich? Alles Mythos?

Es war ein spannender Rundgang, den die Ausstellung „Die Macht des Mythos“ bereit hielt, welche vom 6.9. – 25.9.2022 im Stadtmuseum Düsseldorf gezeigt wurde, und dabei „das Alte“ der Geschichte mit „dem Gegenwärtigen“ der künstlerischen Auseinandersetzung durch einen beständigen Raumwechseln geschickt miteinander verbunden hat. Nicht nur mit dem was Mythos ist und was Mythos sein kann, wurden die Besucherinnen und Besucher konfrontiert, sondern auch seine Verwurzelung in Geschichte, Kultur und Gesellschaft sowie das „Unheimliche“ dahinter, was den Mythen Dauer verleiht und sie eben zur Macht werden lässt. Macht u. a. aufgefasst als die eine ultimative Deutungshoheit neben der keine zweite Platz findet; die Schattenseite des Mythos, die uns etwa mit einiger Beklemmung an die Zeit des Nationalsozialismus denken lässt. Noch immer ist der wissenschaftliche und kritische Umgang mit den Geschichten der germanischen und nordischen Mythologie nicht ohne einen letzten Restzweifel bzw. eine Restskepsis möglich. Niemals waren und sind Geschichten gegen Ideologisierung gefeit oder können sogar einer solchen (macht-) intendierten Absicht entspringen.

Ziel der Ausstellung war es nicht, einzelne Mythen zu erklären oder in vertiefende Texte zu Mythentheorien einzuführen. Stattdessen stand die künstlerische Auseinandersetzung mit den Mythen im Vordergrund. Dies konnten bekannte Mythen wie beispielsweise der von Ikaros sein, dessen Übermut ihn dazu verführte, sich zu den Göttern aufzuschwingen, um damit schlussendlich mit dem Leben zu bezahlen, aber auch die Auseinandersetzung mit Mythen vor allem der christlichen Religion. Dazu hieß es im Flyertext der Ausstellung:

„Mythen begegnen uns vielgestaltiger Form. Ihnen allgemein ist, dass sie Deutungshoheit über Welt und Weltereignisse beanspruchen und ihr vermeintliches Wissen wirkmächtig durch blumige Narrative vermitteln – nicht durch überprüfbare Fakten: Da sind religiöse Schöpfungsmythen […], völkische Mythen […] oder politische Mythen […]. Tagtäglich sind wird konfrontiert mit Verschwörungserzählungen und den mythischen Narrationen in Kunst, Kultur und Warenwelt. […] Und seit jeher dienen sie [die Mythen] der Legitimation von Vorteil, Macht und Herrschaft. Sinnstiftung qua Glauben – ein Bollwerk gegen Rationalität und Aufklärung.“

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