Liebe in Kultur und Mythos

A very short introduction

„Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbitten, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe hört niemals auf…“ (1. Kor. 13, 4-8)

Das Hohelied der Liebe. So wird das 13. Kapitel im 1. Korintherbrief bezeichnet, den der Apostel Paulus verfasste und der in den Schriftenkanon des Neuen Testaments Einzug gehalten hat. Das Hohelied der Liebe gilt als eine der schönsten Beschreibungen jenes gefühlten Zustandes, den wir – relativ simpel und unkreativ – mit dem Wort Liebe zusammenfassen. Aber was ist Liebe überhaupt?

Wenn wir von Liebe sprechen, verbinden wir mit ihr das intensive Gefühl von Zuneigung, Geborgenheit, Aufgehobensein, Verbundenheit, das sich im menschlich- emotionalen Erklärungskanon nicht mehr steigern lässt. „Es ist was es ist sagt die Liebe“ in Erich Frieds (1921-1988) bekanntem Gedicht und würde man eintausend Menschen darüber befragen, würde man wohl eintausend verschiedene Antworten erhalten. Denn Liebe ist nicht nur der romantische Höhepunkt jeder Paarbeziehung, so wie es in Medien, Dichtung, Romanen, Liedern oder in der Kunst im Regelfall proklamiert wird. Liebe kann sich auch auf Gruppen beziehen, auf Familie, Geschwister, Freunde, Tiere, Gegenstände oder ganze Gesellschaften, Religionen und Kulturen. Es existiert kein Limit für Liebe.

Denn Liebe und Lieben zählen zu den Urbedürfnissen des Menschen. Liebe ist quasi ein sozialer, epochenübergreifender, als zeitlos gefühlter Zustand, der kulturell und gesellschaftlich verschiedentlich erlebt werden bzw. einer spezifischen Reglementierung unterworfen sein kann. Liebe ist Empfindung. Liebe ist aber auch ethisches Prinzip. In der Terminologie des Abendlandes, die weitestgehend auf den antiken philosophischen (sprich: griechischen) Prinzipien beruht, teilt man die Liebe in Eros, Philia und Agape.

Eros steht für das Sinnliche, das Erotische, die Leidenschaft, welche der Liebe innewohnt, aber auch das Begehren, die Sehnsucht nach Gefühlserwiderung und Vereinigung. Philia dagegen meint die freundschaftliche Liebe, das Empfinden von Gemeinsamkeit, das Verstehen und gegenseitige Annehmen. Agape kann sowohl die Nächstenliebe als auch die Feindesliebe meinen. In ihr vereint sich die Vorstellung einer Liebe, die nichts fordert, sondern selbstlos ist und damit über den beiden anderen Liebesbegriffen rangiert.

Dass es mit den Liebesdefinitionen nicht gar so einfach bestellt ist, und diese sich nicht ausschließlich in Eros, Philia und Agape unterteilen lassen, dazu genügt ein Blick ins postmoderne „Liebeswirrwarr“. War es seit der Antike üblich, seine Gefühle in Liebesbriefen auszudrücken oder, wie im Mittelalter, die Angebetete mit der Minne quasi in den Nimbus eines unerreichbar scheinenden Liebensideals zu hüllen, hat das Internet im Laufe der vergangenen fünfundzwanzig Jahre wesentlich zu einer Art Liebesrevolution beigetragen. Chats, Apps, Online-Partnervermittlungen – wir sind in der Lage nach wahrer Herzenslust zu Tindern oder zu Parshippen, so oft und so viel wir wollen. Für jedes Liebesbedürfnis findet sich ein passendes Gegenstück. Wir haben die Wahl. Ein Wisch auf dem Smartphone oder ein Klick mit der Maus genügen. Und doch steigt die Zahl der Singlehaushalte und ein Drittel der Ehen (in Deutschland), der rechtlich verbriefte Liebesbund (so ist zu hoffen) schlechthin, werden geschieden. Sind wir am Ende liebesmüde geworden? Oder hängen wir zu sehr den romantischen Idealen aus Literatur, Film und Fernsehen nach?

Liebe ist eine Kunst, die gelernt sein will, davon war der Psychoanalytiker und Philosoph Erich Fromm (1900-1980) überzeugt. Man muss sich ihr gegenüber als produktiv erweisen und gegenüber einem anderen Menschen ist sie „überhaupt keine Erfüllung ohne die Liebe zum Nächsten, ohne wahre Demut, ohne Mut, Glaube und Disziplin“ (Die Kunst des Liebens, 1956).

Niemand ist weise genug, herauszufinden, was sie (die Liebe) ausmacht, hat der Dichter William Butler Yeats (1865-1939) in seinem Poem „The Young Man’s Son“ formuliert. Die Kunsthalle Bremen hat es dennoch gewagt. Die dort bis Ende 2019 gezeigte Ausstellung „What is love? Von Amor bis Tinder“ hat mit ihrer Auswahl von Exponaten in fünf Kapiteln versucht, einen Bogen zwischen Liebesmythen, Liebestraditionen und Liebestrends zu schlagen. Es ging um Ur-Paare wie Adam und Eva oder Amor und Psyche. Reale Paare und die Veränderung romantischer Konzepte. Selbstliebe. Schönheit. Und Erotik. Ein sehenswerter Reigen, der freilich nicht alle Fragen und Aspekte beantworten konnte. Dazu ist die Liebe einfach zu unberechenbar. „Panta rhei – Alles fließt und nichts bleibt; es gibt nur ein ewiges Werden und Wandeln“ – der Anspruch, der vom griechischen Philosophen Platon (in Anlehnung an Heraklit) stammt, bezieht sich in seinem ursprünglichen Gedanken auf die Flusslehre sowie den Stoff- und Formenwechsel. Dabei ist auch die Liebe solch einem Wechsel und Wandel unterworfen. So folgt die Verliebtheit einer anderen Dynamik als die Liebe, die Vertrauen und Beständigkeit kennt, und ein junger Mensch (ungeprägt von Erfahrungen) liebt anders als ein Älterer.

Aber beginnen wir zunächst mit dem Grundsätzlichen, beginnen wir mit einem Mythos …

Platon und die Kugelmenschen

Bevor der Mythos von den Kugelmenschen an dieser Stelle auszugsweise wiedergegeben werden soll, seien einige Vorbemerkungen gestattet. Schon allein das Wort “Kugelmensch” als solches ist, ebenso wie die dazu erdachte Geschichte, ein Kunstbegriff. [Mehr]

Eros und Aphrodite

Für das, was man im weitesten Sinne Liebe nennen kann, waren zwei Gottheiten zuständig: Eros (Liebesbegehren) und Aphrodite. Sie haben die Antike überlebt und sind nicht zuletzt durch die Kunst des Abendlandes bis heute populär: [Mehr]

Was ist Liebe? – Eine mythische und literarische Einführung

Liebe und Lieben zählen zu den Urbedürfnissen des Menschen. Sie ist, wie schon angedeutet, ein sozialer, epochenübergreifender, als zeitlos gefühlter Zustand, der kulturell und gesellschaftlich verschiedentlich erlebt werden kann bzw. einer spezifischen Reglementierung unterworfen ist. [Mehr]

Der Mythos von Liebe und Tod oder: Die drei Rätsel der Prinzessin Turandot

Als der italienische Komponist Giacomo Puccini im Jahr 1920 zusammen mit dem Liberettisten Guiseppe Adami und dem Dramaturgen Renato Simoni über dem Stoff seiner sechs Jahre später uraufgeführten Oper “Turandot” zu brüten begann, schrieb er Letzterem geradezu hoffnungsvoll: “machen wir ein Märchen, gefiltert durch unser modernes Gehirn!” [Mehr]

Helena, die schönste Frau der Welt – Schlaglichter auf ein ewig junges Rätsel

Schon vorab sei vermerkt, dass für die Griechen Helena nicht bloß die Tochter des Zeus war, nicht nur eine Heroine – so nennt man das weibliche Pendant des Heros – , sie wurde auch als Göttin verehrt. [Mehr]

Liebe, Sex und Geschlechterrollen: Einblicke in die hinduistische Lebenswelt Indiens

Die Welt im Hinduismus ist porös – das Profane und die göttliche Sphäre stehen in einem permanenten Austausch. Götter inkarnieren in Avataren, himmlische Götterpaare werden als Rollenmodell für die menschliche Liebe genommen, Geister fahren in Statuen ein und die Gläubigen empfinden sich selbst als eingebettet in eine Welt, die in ihrem tiefsten Kern Klang ist, vielleicht sogar Musik. [Mehr]

Verhängnisvolle Schönheit und verdammende Hässlichkeit – Der Glöckner von Notre-Dame

Es ist ein farbenfrohes, grausames Bild, das der berühmte französische Schriftsteller Victor Hugo (1802-1885) in seinem historischen Roman Der Glöckner von Notre-Dame (1831) kreiert. Schauplatz ist das spätmittelalterliche Paris an der Schwelle zur Neuzeit, auf dessen Bühne er individuelle Schicksale, geschichtliche Hintergründe und Lebenskultur des 15. Jahrhunderts miteinander verbindet. [Mehr]

Zur Einsamkeit verflucht: The Lady of Shalott

Ein einsames Leben in ihrer Burg auf der Insel Shalott, welche im Fluss nach Camelot, dem Schloss des sagenumwobenen König Arthurs liegt. Auf ewig dazu verdammt die Bilder der Außenwelt in ihrem magischen Spiegel zu betrachten und das Gesehene in ein wildes Geflecht zu weben – dies ist das Schicksal der Lady of Shalott („Die Dame von Shalott“).  [Mehr]

Herzen „Im Stein“ – Von Liebe, Sex und Träumen

Der Leipziger Schriftsteller Clemens Meyer ist zu Gast und liest aus seinem 2013 im S. Fischer Verlag erschienenen und 2014 mit dem Bremer Literaturpreis ausgezeichneten Roman “Im Stein”. Es geht um käufliche Liebe, Nachtarbeiter, Macht, Geld, Abgrund, die Zukunft und die Vergangenheit, das Hier und das Jetzt. Ein Gesellschaftsroman, der den Leser in eine Parallelgesellschaft führt und dabei zwangsläufig mit der eigenen Angst, der eigenen Schuld, der eigenen Gier, der eigenen Lust, dem eigenen Tod konfrontiert … [Mehr]

Tausendundeine Nacht – Der Anfang und das glückliche Ende

Wer kennt nicht die Abenteuer von Aladdin und dem Geist aus der Wunderlampe oder das “Sesam öffne dich” aus der Erzählung von Ali Baba und den vierzig Räubern? Gute und böse Geister, Verwandlungen wie etwa in der Geschichte “Der Dieb von Bagdad” oder die Reisen des Sindbad – es weht ein Hauch von Exotik, Ferne, Gefahr, Spannung und Poesie und Mythos durch die Seiten …  [Mehr]

Namensschwestern und sonst nichts? – Betrachtungen zu Galatea und Galateia

Mythische Figuren haben in aller Regel einen Namen, seien sie nun so bekannt wie Helena, Herakles oder Theseus, die Gegenstand unzähliger Darstellungen aller Genres sind, oder so unbekannt wie Oreithyia, Orseis oder Orsedike, die mittlerweile ihr Dasein nur noch in mythologischen Handbüchern wie Apollodors Bibliothek fristen. Allerdings gibt es eine prominente Ausnahme …  [Mehr]

„So grenzenlos ist meine Huld, die Liebe …“ – Der mythisch-literarische Jahresrückblick

Und wie könnte man schöner träumen und leiden als mit dem berühmtesten Liebespaar der Weltliteratur: Romeo und Julia. Die zwischen 1594-1596 entstandene Tragödie des englischen Dramatikers William Shakespeare wurde unzählige Male literarisch, musikalisch (wunderschön: das Ballett von Sergei Prokofjew) und cineastisch verarbeitet. [Mehr]

“Die Erde steht offen”: Geister, Tote und der heilige Valentin

Dabei ist es um den Festtag des heiligen Valentin, der am 14. Februar begangen wird, nicht gar so romantisch bestellt, zumindest nicht bis ins 14. Jahrhundert. Denn erst im Spätmittelalter erkor man den Tag, den Papst Gelasius I. im Jahre 496 offiziell als Gedenktag eingeführt hatte, als geeignet für das Fest der höfischen (und später der romantischen) Liebe. [Mehr]

Hinter der Maske – Die vielen Gesichter des Phantoms der Oper

Die Pariser Oper in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Theater wird von einer schattenhaften Gestalt heimgesucht, welche das abergläubische Theatervolk „Das Phantom der Oper“ nennt. An diesem Punkt setzt das vermutlich erfolgreichste Musical aller Zeiten an. [Mehr]

Verbotene Früchte

Es ist wohl die bekannteste Geschichte um Verbot, Verführung und Vertrauensbruch des christlichen Abendlandes: Von allen Bäumen im Garten Eden durften Adam und Eva essen, außer von einem. Der “Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen” (1. Mose, 2:9) wird er genannt.  [Mehr]

Küsse, Zauber und Druiden, oder: Geschichten unter dem Mistelzweig

Die Mistel (Viscum album) ist Botanikern vor allem als immergrüne Pflanze mit ledrigen, paarweise gegenüberstehenden Blättern bekannt, die bevorzugt auf Bäumen oder Sträuchern “klebt” und dadurch auch als sogenannter Halbschmarotzer gilt, da sie Nährstoffe und Wasser von ihrem Wirt abzweigt. [Mehr]

Märchenhafte Weihnachtszeit – Drei Haselnüsse und ein verlorener Schuh

Es ist vielleicht DER kultigste Weihnachtsfilm in Deutschland, obwohl sich darüber natürlich streiten ließe. Der DEFA-Märchenfilm “Drei Haselnüsse für Aschenbrödel” aus dem Jahre 1973 erzählt auf charmant-fantastische Weise die Geschichte des Aschenbrödels. [Mehr]